Wüste der Toten by Waite Urban

Wüste der Toten by Waite Urban

Autor:Waite, Urban [Waite, Urban]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-426-42209-0
Herausgeber: Knaur eBook
veröffentlicht: 2013-11-03T16:00:00+00:00


Dritter Tag

Dario hatte lange genug gewartet. Zu fünft saßen sie in zwei Autos und beobachteten Gus Lamars Ranch, hundert Meter entfernt auf dem Wüstenboden, Licht in zweien der Fenster, die Häuser für die Hilfskräfte ein Stück weg, alle Fenster dunkel.

Fünf Stunden waren vergangen, in denen sie gelauert, das Haus beobachtet und abgewartet hatten, wer aufkreuzen würde. In der ganzen Zeit hatte sich nichts gerührt, der Regen fiel immer noch, doch nichts wies darauf hin, dass Ray Lamar zur Ranch zurückkehren würde oder dass dies hier überhaupt noch sein Zuhause war. Nur der Name auf dem Medikamentenfläschchen und das Gesicht, das Dario gesehen hatte, hatte sie hergeführt.

Im Osten zeigte sich allmählich das erste Tageslicht über den Bergen, sickerte grau durch die Wolken. Und während sie warteten, konnten sie sehen, wie die Wolken allmählich dünner wurden und der Regen nachließ, bis er nur noch ein Nieseln auf der Windschutzscheibe war.

Er blickte zu Medina hinüber, sagte ihm, er solle losfahren. Als sie näher kamen, wusste er, dass er Ernesto anweisen würde, die Häuser für die Saisonarbeiter zu überprüfen, während die Übrigen sich den alten Mann vornehmen würden, der dort drinnen wohnte.

***

Ray erwachte in dem Bronco, Sanchez tot neben ihm. Frühes, bläuliches Licht breitete sich ostwärts über den Himmel aus, wo die Wolken sich während der Nacht teilweise verzogen hatten, und ein schwacher Nieselregen fiel jetzt. Draußen erstreckte sich die Wüste ohne Gnade immer weiter, grau und flach wie eine Grillpfanne, bis hin zu den Bergen, wo die Hänge in Wellen aus Kiefern und Wacholderbüschen zu den schneebedeckten Gipfeln hin anstiegen.

Er hatte Sanchez eine Fahrt nach Norden versprochen, einen Ausweg. Doch das würde nicht geschehen, und Ray saß da und versuchte, das Leben zu akzeptieren, das er gewählt hatte. Ein Leben, das ihn hierhergebracht, das ihn mit Memo in Verbindung gebracht und ihm alles gestohlen hatte, worauf er jemals gehofft hatte.

Er wusste nicht, was der Tag bringen würde. Ein schwacher Hoffnungsschimmer, dass er noch am Leben war und es hell genug war, um sich auf den Weg zu machen. Die Chance auf einen Neuanfang irgendwo weit dort draußen, so dürftig sie jetzt auch erschien.

Er spürte sein Alter. Jeder Muskel tat weh, als das neue Licht sich über die Berge hinweg ausbreitete und die Luft sich ein wenig rührte, den kommenden Tag anzeigte. Er wusste, dass die Sonne in einer Stunde über jene Berge steigen und auf das niederbrennen würde, was von den Fensterscheiben und der Blechkarosserie des Bronco noch übrig war.

Ray saß lange auf dem Fahrersitz und sah zu, wie die Berge aus dem nassen, körnigen Licht heraus Gestalt annahmen. Das Radio war schon lange tot. Mit schwerer Hand drückte er sachte die Tür auf und spürte, wie die Kälte aus dem offenen Gelände zu ihm hereindrang, die Fasern in dem Hemd teilte, das er anhatte, neues Leben mit sich brachte, als sie auf seiner Haut prickelte.

Die nackten Füße auf dem Boden und die Sonne noch nicht über dem Bergkamm, er fror und fühlte sich allein. Der spröde Puls des Windes fuhr über das Land vor ihm, und das Sticheln des Nieselregens überall.



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